Sauer macht lustig - das dachte sich wohl auch Oliver, der für uns sein Lieblingsgericht „Sauerbraten mit Rotkohl und Kartoffelstampf“ zubereitete. Und dieses Lieblingsgericht ist definitiv nichts für Ungeduldige!
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Die Grüne Pfanne auf dem Quad durch Udenhausen
Aber beginnen wir am Anfang unserer rasanten Pfannenreise durch das Gründchen. Rasant, weil wir dieses Kocherlebnis auf einem Quad gestartet haben. Oliver wollte der Grünen Pfanne vor Kochbeginn zunächst einmal „sein“ Udenhausen zeigen. 🙂
Udenhausen ist ein Stadtteil von Grebenau im mittelhessischen Vogelsbergkreis. Und hier wohnt mein Schlemmerfreund und Arbeitskollege.
Jeder meiner Arbeitskollegen verfolgt Pfannenliebling seit Beginn an und unseren Anglerfreund Jörg durftet ihr auch bereits bei der Zubereitung seiner Lachsforelle kennenlernen. Nun war es an der Zeit für ein weiteres Schlemmergericht und Oliver war mein Auserwählter. 🙂
Oliver und sein Lieblingsgericht
Oliver ist 40 Jahre jung, Ehemann einer bezaubernden Frau und Familienvater von zwei Kindern.
Bei der Frage nach seinem Lieblingsgericht war mir auf Anhieb klar, dass dieses Lieblingsgericht festgehalten werden muss. Seine Augen leuchteten und er bekam zunächst einmal nur ein langes Mhhhhhhhhhhhhh heraus, gefolgt von Sauerbraten mit Rotkohl und Kartoffelstampf Mhhhhhhhhhhhhh. Das Geheimnis war gelüftet und ich auf Anhieb begeistert. Er bereitete mich auch darauf vor, dass wir sein Lieblingsgericht nicht an einem Tag hinbekommen, da er das Fleisch für drei Tage einlegen wird.
„Puh, das könnte hart werden“, dachte ich mir nur dabei, schließlich macht so ein Drehtag ja auch hungrig. 🙂
Als könnte Oliver meine Gedanken lesen, fügte er noch hinzu, dass er mir auch gerne noch seinen Vogelsburger zubereiten möchte, schließlich zählt das zu einer wahren hessischen Delikatesse. Was? Genau, ein Vogelsburger. Darunter konnte ich mir mal so überhaupt nichts vorstellen, aber ich sollte mich überraschen lassen.
Heimatgefühl & Coca-Cola
Am ersten Drehtag besorgten wir uns frisch beim Metzger Rindfleisch aus der Keule. Jedoch blieb es nicht bei dieser einen Bestellung. Oliver zeigte auf eine kugelförmige Wurst und bat den Metzger, ihm diese auch noch einzupacken. Mit vollen Taschen stiegen wir wieder auf sein Quad und steuerten gezielt Richtung Olivers Heim.
Oliver wohnt ganz idyllisch am Rande von Udenhausen. Der gigantische Garten ist so liebevoll und akkurat gestaltet. Hier kann man sich nur wohlfühlen. In der Küche angekommen ging es auch bereits los. Fleisch parieren, Gemüse schnippeln, Gewürze im Mörser anstoßen und den Sud aufsetzen. Mir war klar, hier ist ein Profi am Werk 🙂
Oliver erzählte mir dabei, dass er immer an seine Kindheit in Thüringen denken muss, wenn er dieses Gericht zubereitet. Sauerbraten gab es immer zu ganz besonderen Anlässen und sobald Oliver davon wusste, gab es kein Halten mehr für Ihn. Für einen kurzen Moment tauchte er in seine Kindheit ab und er kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr raus: pure kindliche Gaumenfreude! Einfach nur schön, was Lieblingsgerichte in einem auslösen.
Seine Wurzeln liegen in Pößneck in Thüringen. Die ehemalige DDR verließ er mit zwölf Jahren. Er denkt gerne und oft an den Tag seiner Abreise. Dieser war mit viel Aufregung, Vorfreude und der ersten Cola seines Lebens verbunden. In Probszella, am Grenzübergang zum Westen, durfte er sich zum ersten Mal eine Coca-Cola Dose aus dem Getränkeautomat ziehen. Diesen Geschmack wird er wohl nie in seinem Leben vergessen. Er erzählte mir seine ganz persönliche Geschichte und der Raum war gefüllt mit Emotionen. Ich habe Oliver so noch nie erlebt und lauschte gefesselt seinen Erinnerungen.
Oliver lüftete das Geheimnis Vogelsburger
Der Sauerbraten war eingelegt, im Keller verstaut und wir hatten Hunger! Oliver packte die Kugelwurst hervor und lüftete das Geheimnis. Denn sein Vogelsburger besteht aus genau dieser Wurst. Dabei erzählte er mir, dass der Schwartenmagen eine regionaltypische Wurstspezialität aus dem Vogelsberg ist. Daher auch der Name Vogelsburger.
Der Grill war heiß, der Schwartenmagen enthäutet, zu Scheiben geschnitten und die Zutaten für den Burger bereits auf dem Terrassentisch platziert.
Nachdem wir dann auch den letzten Burger verdrückt hatten war es Zeit für einen Schnaps. 😀
„Ufgesetzter“
Und es durfte nicht irgendein Schnaps sein, Oliver brachte seinen selbstgemachten „Ufgesetzten“ nach draußen. Wohl eher als Aufgesetzter bekannt, handelt es sich hierbei bei Oliver um einen Johannisbeerlikör, bei dem Schwarze Johannisbeeren aus seinem Garten zusammen mit Kandiszucker und Doppelkorn in einem verschlossenen Glas „aufgesetzt“ werden. In der Regel werden die Zutaten mehrere Wochen in der Flasche belassen, bevor er die festen Bestandteile herausfiltert. Es schmeckte so unglaublich fruchtig und frisch, dass ich es einfach nicht bei einem Schnapsglässchen belassen konnte. Nur gut, dass wir mit dem Filmen für den Tag abgeschlossen hatten. 🙂
Scharf anbraten, sanft schmoren, klug abschmecken
Das Fleisch hatte drei Tage mariniert und der zweite Drehtag konnte beginnen. Beim Anbraten des Fleisches hat Oliver angemerkt, dass es wichtig ist, das Fleisch richtig scharf anzubraten, damit sich die Aromen am Boden festsetzen und später in die Soße übergehen. Genauso wichtig ist, dass man den Sud langsam nach und nach zum Fleisch gießt, damit eine gleichbleibende Temperatur beibehalten wird. Für drei Stunden ging es nun für den Braten ins Backrohr. Wir hatten Zeit für die Beilagen.
Klassisch wird zu einem Sauerbraten immer Rotkohl und Thüringer Klöße gereicht. Doch Oliver liebt seinen Kartoffelstampf mit Gurke, den er bei seiner Oma immer gegessen hat, einfach zu sehr. Deshalb ersetzt er die Klöße mit dem Kartoffelstampf. Um die Gurkenscheiben so dünn wie möglich zu bekommen, hat er sich auch seine ganz eigene Methode ausgedacht. Er verwendet hierfür seine Brotschneidemaschine, das Schneidrad wird auf die engste Stufe gestellt und die Gurke mit der Hand entlang der Schneide fein gehobelt.
Die Gurken lockern den Kartoffelstampf auf und verleihen diesem eine besondere Frische.
Vogelsberger Küche & die Frischbörner Landfrauen
Auf die Frage nach der Vogelsberger Küche, packte Oliver die 1. Auflage des Frischbörner Kochbuches aus, welches er sich von seiner Schwiegermutter ausgeliehen hat. Er erzählte mir, dass die Frischbörner Landfrauen 1985 beschlossen ihre Rezepte zusammenzutragen. Hier enthalten sind einfache, schlichte und schmackhafte Gerichte. Gekocht wird, was der eigene Garten und die Vorratskammer hergibt. Dieses Buch schreibt ein Stück Heimatsgeschichte und hält alte Traditionen aufrecht. Einfach nur wunderbar. Die 10. Auflage ist vor kurzem erst erschienen und kann hier bestellt werden 😉
Oliver lebt bereits seit 28 Jahren im Vogelsberg und daher kennt er natürlich auch die typischen Gerichte wie kein anderer 🙂
Die Küche im Vogelsberg besticht laut ihm durch Regionalität und Bodenständigkeit.
Typische Gerichte und Produkte der Region sind: Beutelches, Salzekuchen (Bloatz), Schwartenmagen, Kartoffelwurst
Beutelches
Beutelches sind dicke Kartoffel-Klöße, die in Leinensäckchen gekocht werden. Hinzu kommen geschnittener Lauch, gepökeltes Schweinefleisch und verschiedene Gewürze. Sie werden nach einer Stunde Kochzeit klassisch mit einer kräftigen Zwiebelsoße oder zu einem Gulasch gereicht.
Salzekuchen oder Bloatz
Das Nationalgericht von Oberhessen ist ein Kartoffelkuchen, der aus Brotteig, Zwiebeln, Quark, Schmand, Eiern und Kümmel hergestellt wird und vor dem Backen mit Speckwürfeln bedeckt wird.
Er wird vorzugsweise mit Kaffee gereicht.
Schwartenmagen
Der Schwartenmagen ist eine regionaltypische Wurstspezialität. Dieser wird aus Schweinefleisch, Schwartenmasse und den unterschiedlichsten Gewürzen wie Pfeffer, Koriander, Nelken und Muskat hergestellt, gebrüht und geräuchert.
Aus dem Schwartenmagen besteht auch der legendäre Vogelsburger. Hier haben wir ein Rezept dazu veröffentlicht.
Kartoffelwurst
Eine Kartoffelwurst ähnelt von der Form und Länge einer Bratwurst. Sie beinhaltet neben Schweinebauch und Schulterfleisch auch gekochte Kartoffeln, die mit unterschiedlichen Gewürzen vermengt werden. Diese Wurst wird geräuchert und ist vom Geschmack sehr würzig und herzhaft. Die Kartoffelwurst gibt es in unterschiedlichen Reifegraden, von weich bis ganz fest. Fleisch war damals sehr rar und wertvoll, Kartoffeln gab es dagegen in ausreichender Menge. Aus diesem Grund streckte man die Wurst mit Kartoffeln.
Soßenkuchen
Der Sauerbraten war endlich fertig! Richtig perfekt wird sein Lieblingsgericht aber erst mit der leckeren Sauce. Dazu brauchten wir auch Bindemittel, um die Soße anzudicken. Und hier kommt bei Oliver auch nicht Mehl ins Spiel, sondern Soßenkuchen. Ich darf gestehen, ich habe vor Oliver von Soßenkuchen noch nie etwas gehört.
Der Geruch von geriebenen Soßenkuchen erinnert ihn an seine Kindheit und Großmutter, die den Soßenkuchen immer zum Binden und Verfeinern dunkler Soßen verwendet hat. In der DDR gab es keine klassischen Bindemittel, sodass man sich mit Soßenkuchen beholfen hat.
Soßenkuchen sind schwach gesüßte Lebkuchen, die für die charakteristische Würze und Sämigkeit sorgen. Alles roch so herrlich nach Weihnachten. 🙂
Das gemeinsame Essen stellte den Höhepunkt des Abends dar. Mit einem „Ufgesetzten“ angestoßen, ging es endlich ans Probieren des Lieblingsgerichtes. Und ich kann nur eins verraten: Oliver hatte Recht. Mhhhhhhhhhhhhh trifft es schon ziemlich genau 🙂
Dieses Lieblingsgericht ist jedes Warten wert, denn Olivers Sauerbraten zergeht förmlich auf der Zunge.
Oliver du bist ein liebevoller Ehemann und Familienvater, ein handwerklicher Allrounder, ein unschlagbarer Ideengeber, ein begnadeter Koch & leidenschaftlicher Schlemmerer, ein humorvoller und zuverlässiger Freund und der König der Aufgesetzten 🙂
Danke, dass du Pfannenliebling um dein Lieblingsgericht bereicherst. Ich kenne dich bereits wunderbare acht Jahre und dieses gemeinsame Kocherlebnis ermöglichte mir noch tiefere Einblicke in dein Leben und deine Person. Danke für deine Offenheit, deine Ehrlichkeit und deine Freude beim Kochen und Filmen.
Lieblingsgerichte verbinden <3
... liebt die schönen Dinge der Welt. Ihre Wurzeln liegen in Kasachstan, im Herzen ist sie aber ein echter Globetrotter. Asiatische-Gefilde bereist sie ganz besonders gerne. Ihre Kreativität nutzt Alwina am liebsten dazu, etwas Neues und Einzigartiges zu schaffen.
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