Die Grüne Pfanne verschlug es letztes Wochenende „janz weit raus“ nach Metzlos. Der malerische kleine Ort Metzlos mit seinen ca. 160 Einwohnern liegt im mittelhessischen Vogelsbergkreis und hier ticken die Uhren wahrlich noch ruhiger und entspannter. Alte Fachwerkhäuser und scheinbar endlos weite Landschaften prägen das Dorfbild. Und inmitten von Wiesen, Weiden und Waldgebieten befindet sich auch das Zuhause von Sigi.
Sigi, 53 Jahre jung, arbeitet im Vertrieb eines Displayherstellers, ist verheiratet und Mutter von zwei Söhnen. Kochen selbst ist ihr Hobby und ihre große Leidenschaft. Ich lernte sie dieses Jahr bei einem gemeinsamen Projekt an der Arbeit kennen. Und wer mich kennt, weiß auch mittlerweile, dass ich mein gesamtes Umfeld nach dem Lieblingsgerichten interviewe. Sigis genanntes Lieblingsgericht ließ mich dabei sofort aufhorchen. Die Rede ist von Beutelches. Dabei sind regional, saisonal, frisch und selbstgemacht nur einige Worte, um dieses Lieblingsgericht zu beschreiben.
Seiteninhalte
Beutelches
Kartoffelliebhaber aufgepasst: Beutelches ist eine hausgemachte Spezialität aus dem Vogelsbergkreis. Sie bestehen aus rohen und gekochten geriebenen Kartoffeln, Lauch, Dörrfleisch und gepökeltem Schweinefleisch. Diese Zutaten werden in ein Leinensäckchen (Beutel) gefüllt, in Wasser gekocht und traditionell mit einer kräftigen Zwiebelsoße oder Gulasch serviert.
Die Grüne Pfanne verliebte sich auf Anhieb und musste dieses Nationalgericht in ihrem Repertoire mit aufnehmen. Erfreuend war es dann zu hören, dass Sigi einem gemeinsamen Kochnachmittag zustimmte. Ich bin schon ein echter Glückspilz! 🙂
„Ran an die Kartoffel, fertig, los!“
Bei meiner Ankunft in Metzlos bekam ich von Sigi erste Einblicke in dieses idyllische Landleben und lernte dabei auch die gesamte Familie kennen. Alle freuten sich bereits auf ihre geliebten Beutelches und konnten es kaum abwarten. Wir erkannten die hungrigen Mägen und machten uns direkt in die Küche. Schließlich wusste ich bereits, dass dieses Lieblingsgericht sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Also „Ran an die Kartoffel, fertig, los!“ 🙂
Das Kochen hat Sigi von ihrer Großmutter gelernt. In einer Bauernfamilie groß geworden, waren die Rollen klar verteilt. Die Männer erledigten die harte Feldarbeit und die Frauen waren für Haushalt und Küche zuständig. Sigi musste daher auch schon früh im Haushalt mit anpacken und entdeckte dabei ihre Leidenschaft für die hessische heimische Küche.
Die nordhessische Küche
Diese zeichnet sich durch Regionalität, Bodenständigkeit und Sparsamkeit aus. Die Abgeschiedenheit und die langen und weiten Wege im Vogelsberg wirkten sich dabei auf die Essgewohnheiten aus. Gekocht wurde, was der eigene Garten und die Vorratskammer hergab. Dabei entstanden bodenständige, nahrhafte Gerichte mit sparsam eingesetzten Zutaten und kreativer Resteverwertung.
Im Vogelsberg waren die kargen Böden besonders für den Anbau der Kartoffel geeignet. Daher wird die nordhessische Küche gerne auch als Kartoffelküche bezeichnet. Zahlreiche Kartoffelfeste finden in der Region regelmäßig statt. Hier werden zahlreiche Speisen rund um die Kartoffel wie zum Beispiel Salzekuchen, Kartoffelwurst, Schepperlinge, Spitzbuben und natürlich auch Beutelches angeboten.
Salzekuchen ist ein Kartoffelkuchen, der aus Brotteig, Zwiebeln, Quark, Schmand, Eiern und Kümmel hergestellt wird und vor dem Backen mit Speckwürfeln bedeckt wird. Er wird vorzugsweise mit Kaffee gereicht.
Eine Kartoffelwurst ähnelt von der Form und Länge einer Bratwurst. Sie beinhaltet neben Schweinebauch und Schulterfleisch auch gekochte Kartoffeln, die mit unterschiedlichen Gewürzen vermengt werden. Diese Wurst wird geräuchert und ist vom Geschmack sehr würzig und herzhaft. Die Kartoffelwurst gibt es in unterschiedlichen Reifegraden, von weich bis ganz fest. Fleisch war damals sehr rar und wertvoll, Kartoffeln gab es dagegen in ausreichender Menge. Aus diesem Grund streckte man das Brät mit geriebenen Kartoffeln.
Schepperlinge sind Kartoffelpfannkuchen aus Hefe und gepressten Kartoffeln. Diese werden hellbraun gebacken und herzhaft mit Speck und Zwiebeln gereicht.
Auch bei den Spitzbouwe (den Spitzbuben) spielen Kartoffeln eine wichtige Rolle. Spitzbuben sind längliche Kartoffelklöße, die mit einer Specksauce am besten schmecken.
Kindheitserinnerungen
Für Sigi bedeutet ihr Lieblingsgericht ein Stück Kindheitserinnerung. Seit sie denken kann, gab es Beutelches in ihrer Familie. Im Herbst wurden dabei die Kartoffeln geerntet und im Winter die Beutelches mit der gesamten Familie zubereitet. Am ersten Tag frisch und am zweiten Tag in Scheiben geschnitten und gebraten.
Wer nun Hunger auf diese Hausmannkost bekommen hat, sollte direkt zum Rezept wandern und die Beutelches nachkochen 😉 Und nicht vergessen: beim Zubereiten immer schön auf seine Finger achten 😉 Für diese übernehme ich hier keine Haftung 😉
Beim Anrichten der fertigen Beutelches musste ich erstmal feststellen, dass meine Grüne Pfanne für dieses Lieblingsgericht einfach zu klein ist 🙂 Mit der ganzen Familie verputzten wir dann diese deftigen Prachtkerle. Die dazu gereichte Zwiebelsoße schmeckte mir persönlich dabei am besten 😉 Ich bin einfach ein Soßentyp.
Sigi wünscht sich, dass die alten Rezepte der Region nicht in Vergessenheit geraten. Und dank Pfannenliebling ist jetzt zumindest ihr Lieblingsgericht für die Nachkommen gesichert. 🙂
Danke Sigi für deine Einblicke in dieses traditionelle Lieblingsgericht. Deine Fröhlichkeit ist einfach ansteckend und dein Männerhaushalt kann sich glücklich schätzen, dass du sie immer so liebevoll verwöhnst. Bewahre dir deine Leidenschaft fürs Kochen, Leben und deine Familie. Deine Pfannenträgerin Alwina
Leave A Reply