Viñales – ein Meisterwerk geschaffen von Mutter Natur!
Karstberge im Nebel, grüne Königspalmen auf rostroter Erde, bunte Häuschen mit Verandas und Tabakplantagen, soweit das Auge reicht: Das Viñales-Tal ist eines der schönsten Landschaftsszenarien, die ich (Alwina) auf meiner 3-wöchigen Rundreise durch Kuba gesehen habe.
Viñales, eine kleine und ruhige Stadt inmitten einer zauberhaften und florierenden Natur, liegt ca. 30 km nördlich von Pinar del Rio und westlich von Havanna. Neben Landwirtschaft und Tabakindustrie, ist der Tourismus die Haupteinnahmequelle der Kubaner. Und das wird auch sofort deutlich, wenn man durch dieses kleine Städtchen spaziert. Es gibt hier wohl kein Haus, dass kein Touristenzimmer anbietet. Geblendet von der Schönheit und verschwenderischen Vegetation, sagte mein Gefühl mir: hier könnte ich auf ein ganz besonderes Portrait stoßen, wenn ich nur ein bisschen suchen würde. Und da war es, ein wunderbares Haus, das mich wie magisch anzog. Ich klingelte ganz aufgeregt an der Tür der Casa Estrella y Celastino. Und tatsächlich, Sady, eine gutgelaunte, etwas hektisch wirkende Frau öffnete und bat meine Reisebegleitung Sara und mich sofort herein. Wir sollten erstmal Platz nehmen und lauschten der aufgeregten Sady. Sie musste erst mal wortreich überlegen, ob und welches Zimmer sie uns anbieten könne, da die Buchungen durch die unterschiedlichen Reservierungsmöglichkeiten etwas chaotisch verlaufen. Sie öffnete Ihre riesige Excel-Liste, scrollte hoch und runter und nach einigem Hin und Her konnten wir endlich ein Zimmer beziehen.
Sady erzählte uns, wie kompliziert die Internetbuchungen für sie seien. Seit kurzem bietet sie ihre Casa auch auf Airbnb an. Jeden Tag muss sie 3 bis 4 Mal zur nächsten Hotspot Stelle laufen, um die Onlinebuchungen zu kontrollieren, da ihre Casa keinen Internetzugang besitze. Für Europäer mag es sich vielleicht komisch anhören, aber der Internetzugang zu Hause ist für die meisten Kubaner nicht mal denkbar. Auch am Arbeitsplatz haben die allerwenigsten die Möglichkeit aufs Internet zuzugreifen. Selbst Sadys Mann, der in der IT Branche – als quasi an der Quelle - arbeitet, hat keinen regelmäßigen Internetzugriff. Die staatliche Telekommunikationsbehörde ETECSA hat zwar mittlerweile viele Hotspots im gesamten Land eingerichtet, doch das Surfen dort ist sehr teuer. Eine Stunde Internet kostet auf Kuba 2 CUC (ca. 1,88 €) – das ist bei einem durchschnittlichen Monatslohn von 15 Euro purer Luxus.
Aber zurück zu Sady. Sady ist 28 Jahre jung, in Viñales geboren und Mutter einer zuckersüßen kleinen Tochter (13 Monate), namens Esmeralda. Esmeralda gehört einfach zu dieser Casa dazu. Man sieht und hört sie überall und möchte den ganzen Tag mit ihr spielen und sie in den Arm nehmen. Sie hält alle auf Trapp. Sady ist seit zwei Jahren mit Gustavo verheiratet. Ihre Mutter Estrella und ihr Vater Celastino haben die Casa Particular vor 19 Jahren gegründet. Sady hat in Havanna Informatik studiert und hierbei auch ihren Mann kennengelernt, der das gleiche studiert hat. Gustavo, den wir dann beim Abendessen kennenlernten, erzählte uns, dass die Bildung in Kuba nicht nur komplett kostenlos ist, sondern auch zu den Besten gehört. Die Analphabeten-Quote ist demzufolge auch die niedrigste in gesamt Lateinamerika.
An diesem Abend fragte ich Sady dann auch nach ihrem Lieblingsgericht. Ihre Augen leuchteten und es kam wie aus der Pistole geschossen. Hühnchen mit Reis, schwarzen Bohnen und frittierten Kochbananen, die Ihre Mutter immer für die ganze Familie und auch für die Gäste zaubert. Sofort rannte ich in unser Zimmer und kramte die Grüne Pfanne heraus. Neben Sara ist sie mein ständiger Reisebegleiter. Sady und ihre Familie sahen mich etwas irritiert an, schließlich gehört eine Pfanne wohl bei den wenigsten Touristen zum normalen Reisegepäck. So erzählte ich Sady - und sie übersetzte für die ganze Familie - von Pfannenliebling. Sady war auf Anhieb begeistert. Es stellte sich aber schnell heraus, dass Estrella, Sadys Mutter, diejenige sei, die die Grüne Pfanne schwingen würde :). Zum Glück war auch Estrella von Pfannenliebling ziemlich beeindruckt. Am nächsten Nachmittag war es dann auch endlich soweit. Wir trafen uns in der Küche der Casa und ich spürte sofort - hier wird sich die Grüne Pfanne wohl fühlen. Estrella besitzt nämlich selbst einige grüne Töpfe, worüber wir erstmal in schallendes Gelächter ausbrachen. Sady erzählte mir zu Beginn, dass Reis und Bohnen elementarer Bestandteil der Küche sind und die Basis für viele Gerichte in Kuba bilden. Die Kubaner nennen diese Bohnen-Reis Mischung Moros y Christianos. Dabei werden der Reis und die Bohnen in viel Sauce getrennt voneinander serviert. Der Name dieser geschichtsträchtigen Speise stammt aus vorrevolutionären Zeiten. Der weiße Reis symbolisiert die Christen, die schwarzen Bohnen weisen auf die Sklaven aus Afrika hin, die in Kuba unterdrückt und ausgebeutet wurden.
Die schwarzen Bohnen benötigen einiges an Vorbereitungszeit. So müssen sie gründlich gesäubert, aussortiert, unter fließendem Wasser gewaschen und schließlich für mindestens 12 Stunden in Wasser eingelegt werden. Das alles hatte Estrella glücklicherweise bereits am Vortag, nachdem sie eingewilligt hatte für uns zu kochen, erledigt, sodass die Bohnen direkt im Schnellkochtopf landeten und für 15 Minuten vor sich hin kochen konnten.
In der Zwischenzeit mussten wir alle mit anpacken, das Gemüse vorbereiten und schneiden. Die geschälten Knoblauchzehen landeten im Mörser und Estrella verriet mir, dass man beim Mörsern einen Teelöffel Salz hinzugeben müsse, damit die Knoblauchzehen beim Stoßen nicht in alle Richtungen springen. In Kuba ist es außerdem verpönt die Gemüseabfälle einfach wegzuwerfen. Alles muss verwendet werden, denn es herrscht die einhellige Meinung, dass wer Lebensmittel verschwendet, auch mit Geld verschwenderisch umgeht.
Nachdem die Bohnen weich genug waren, zeigte mir Estrella wie sie mit Hilfe einer Suppenkelle die Bohnen zerdrückt, damit diese ihr ganzes Aroma entfalten können. Und endlich durfte ich die erste Kostprobe genießen. Schwarze Bohnen in Kuba schmecken recht süßlich, sehr intensiv und auch gleichzeitig sehr fein, ich schmeckte auch ein leichtes Pilzaroma heraus. Sehr, sehr lecker. Die Bohnen wurden dann noch mit verschiedenen Gewürzen verfeinert und mit dem zuvor angebratenem Gemüse erneut aufgekocht. Am Ende kamen auch noch ein Schuss Weißwein, Essig und Kreuzkümmel hinzu, laut Gustavo wohl das wichtigste Gewürz für schwarze Bohnen.
Währenddessen landeten die gewürzten Hähnchenstücke in einer Essigmischung im grünen Topf. Zwiebeln, Knoblauch, Peperoni und Paprika durften sich daneben gesellen. Schon dampfte im Topf die original kubanische Hausmannskost. Estrella deutete dann noch darauf hin, dass die großen Stücke in den unteren Bereich des Topfes gehören und die kleinen darauf verteilt werden, damit alle gleichzeitig fertig sind. Nach etwa 25 Minuten wurde der Fleischtopf mit Wasser aufgefüllt, sodass die Fleischstücke gerade so mit Wasser bedeckt waren.
Gustavo fing bereits mit der Tellerdekoration an. Die Frauen hier haben den Kochpart inne, er unterstützt sie als Küchenhelfer, wo er kann. Zum Beispiel brachte er riesengroße Avocados in die Küche. So große Avocados habe ich noch nie zuvor gesehen, unglaublich. Interessant zu sehen war auch, dass er den Kürbis (Calabaza) einfach roh geraspelt hatte. Nachdem die Teller mit dem aus Avocado und Kürbis bestehenden Salat belegt waren, ging es zu den Kochbananen. Die Kochbanane nimmt in Kuba etwa die Popularität der deutschen Kartoffel ein. Die intensive karibische Sonne kitzelt so viele Aromen aus den Kochbananen, dass ich erst gar nicht richtig glauben wollte, dass auch diese Bananen noch grün geerntet werden. Geschält, in schräge Scheiben geschnitten und dann in Öl frittiert leuchten sie goldgelb und verströmen einen verführerischen Duft. Während die Kochbananen im Fett brutzelten, hatte ich die Gelegenheit mich etwas intensiver mit Gustavo zu unterhalten. Er liebt sein Heimatland sehr. Allerdings verklärt er es nicht. Ihm sind insbesondere die finanziellen Probleme des Landes und somit auch der Bevölkerung bewusst. Der Lohn auf Kuba ist niedrig, Importartikel sind schwer zu bekommen und wenn, für die Allgemeinheit unerschwinglich. Aber, und von dieser Ansicht sollte sich so mancher Deutscher etwas annehmen, Geld, Konsumgüter und Luxus sind einfach nicht das Wichtigste im Leben. Er ist mit seiner Familie, der Natur, dem Wetter und der kubanischen Lebenslust vollauf zufrieden. Überhaupt strahlt die ganze Familie einen Lebenshunger und eine Lebensfreude aus, die man in Deutschland leider viel zu oft vergeblich sucht.
Jetzt konnte endlich fertig angerichtet und gegessen werden. Sady hatte ja so Recht, als sie meinte, dass dieses Essen in Kombination das kubanische Lebensgefühl auf die Zunge zaubere. Eine wahre Geschmacksexplosion schon beim ersten Bissen. Die Süße der Kochbanane, gepaart mit dem Hühnchen und den würzigen Bohnen schmeckte so außergewöhnlich und lecker, einfach karibisch. Wir saßen noch lange mit Sady zusammen, sie zeigte uns ihre Hochzeitsbilder und die Aufnahmen des traditionellen Fotoshootings, dass jede Frau in Kuba zum 15ten Geburtstag von der Familie geschenkt bekommt. Dieser Tag wird fast wie eine Hochzeit gefeiert. Für die Mädchen markiert er den Wendepunkt zwischen Kindheit und erwachsenen Leben. Es ist etwas ganz Besonderes und Einmaliges, das mit 100 CUC nicht gerade günstig ist. Die Familien fangen bereits bei der Geburt der Töchter an zu sparen, aber dieses Erlebnis ist es wert. Die Fotos und Kleider sind aber auch eine echte Augenweide. Die Mädchen können sich wie echte Prinzessinnen fühlen.
Dabei ist das Leben auf Kuba keineswegs Prinzessinnen-like. Sady weiß das natürlich. Genau wie Gustavo ist sie aber sehr glücklich hier. „Das Beste an Kuba“, sagte sie uns, „sind eindeutig die Menschen.“ Aufgrund der Mangelwirtschaft, die in Kuba durch die Embargos der USA noch immer herrscht, ist es oft schwierig, fehlen häufig Dinge des täglichen Lebens und man muss sehr erfinderisch sein. Die Menschen helfen sich gegenseitig und unterstützen sich immer. Sie sind wahre Improvisationstalente, die in ihrer Hilfsbereitschaft so manches Mal wahre Wunder möglich machen. Leider habe ich kein konkretes Beispiel von Sady erfahren, aber ihr Gesichtsausdruck überzeugte mich, dass auch sie selbst schon auf solch ideenreiche Hilfe angewiesen war und sie erhalten hat. Sady liebt die Kubaner, das spürt man mit jeder Faser und ich muss zugeben, auch ich hatte plötzlich die Sehnsucht einer so gemeinschaftlichen Gesellschaft anzugehören. Vielleicht ist es in unseren Breiten einfach die fehlende Sonne oder eben doch der Konsumwahnsinn, der die Gesellschaft immer mehr auseinander driften lässt.
Sady gönnt sich eigentlich nichts. Die Casa fordert ihre gesamte Aufmerksamkeit. An Urlaub sei gar nicht zu denken. Auch geht sie nur äußerst selten aus, denn neben der Pension und der Familie bleibt so gut wie keine Zeit. Ein Ritual ist ihr deshalb aber besonders wichtig. An Weihnachten gönnt sie sich einen Ausflug in ihre Lieblingsbar. Dort trifft sie ihre Freunde und genießt den Luxus eines freien Abends mit ihrem Lieblingsgetränk Leche Malteada.
Dieses wir aus 5 Esslöffeln Malz-Milchpulver, 200 ml Milch, 2 Esslöffeln Zucker und Eiswürfeln zubereitet.
Später am Abend packte Gustavo dann auch noch seine Gitarre aus. Die Kubaner brauchen Musik wie die Luft zum Atmen. Die kubanischen Lieder, Gustavos bezaubernde Stimme, an diesem Abend war ich nicht nur Gast, ich war Teil des kubanischen Lebensgefühls. Der ganze Tag hätte nicht besser enden können.
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In meinen 3 Wochen erlebte ich Kuba hautnah und persönlich. Die Grüne Pfanne folgte mit mir den Spuren von Hemingway, Che und Fidel, ich schwang die Hüften beim Tanzen und den Kochlöffel in Casas Particulares, schnupperte in die Tabak- und Zuckerrohrfelder hinein, staunte über die traditionelle Zigarren- und Rumherstellung und genoss das karibische Paradies am weißen Sandstrand. Die Kubaner sind wirklich ein außergewöhnliches Volk. Ihre Fröhlichkeit und Lebensfreude ist einfach ansteckend. Ich bin auf dieser Reise auf so viel Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft gestoßen. Und das alles trotz der herrschenden Armut und den politischen Schranken. Auch wenn die Öffnung langsam voranschreitet und Fidel Castro als letzter echter Revolutionsführer kurz nach meiner Rückkehr starb, bleibt zu hoffen, dass Kuba sich seinen besonderen Charme bewahren kann. Es war eine unvergessliche Zeit für mich und ich bin davon überzeugt, dass Kuba einfach jeden begeistert, der dorthin reist. Und wer dann noch das Glück hat, jemandem wie Sady und Ihrer Familie zu begegnen, der wird trotz aller Probleme, Kuba als ein echtes Paradies auf Erden verstehen.
... liebt die schönen Dinge der Welt. Ihre Wurzeln liegen in Kasachstan, im Herzen ist sie aber ein echter Globetrotter. Asiatische-Gefilde bereist sie ganz besonders gerne. Ihre Kreativität nutzt Alwina am liebsten dazu, etwas Neues und Einzigartiges zu schaffen.
4 Comments
Wow, wundervoller Artikel!
Dankeschön mein Reisebuddy :*
Toller Artikel und wunderbare Fotos Ich finde es ganz fantastisch, dass du so hautnah berichtet hast! Ganz liebe Grüße, Julia von https://birdsandfeather.de/
Vielen Dank liebe Julia, wir freuen uns gerade sehr über dein Feedback 🙂 Ich habe mir auch bereits deine Seite anschauen können und bin ganz entzückt. Wir von Pfannenliebling werden dich öfters besuchen kommen 🙂 Sei gegrüßt, Alwina